Also, ich find' ihn gut ...

Worauf ich mich am meisten bei aktuellen Themen freue, sind neue Wortschöpfungen, die alsbald kreiert werden. Gesichtsverhüterli oder - vorhang sind ja schon VOR aller Munde, neu ist für mich die Bezeichnung „Pappnwindl“, die so trefflich eine ANALogie ans andere Leibesende herstellt. Oft, muss man ja sagen, unterscheiden sich diese Ausscheidungen von jenen oberhalb der Gürtellinie allein durch ihren Aggregatzustand.

Abgesehen von all dem verbalen Mist, der sich nun im Stofffetzerl fangen, neu ordnen und als neutralisiertes Nuscheln seinen Weg durchs Textil bahnen kann, birgt die Maske noch einige andere Vorteile: Olfaktorische zum Beispiel, was vor allem in der U6 auf einer Fahrt vom Westbahnhof zur Währingerstrasse (immerhin 6 Stationen!) lebenserhaltend sein kann. Der Herr, der zusammengesackt mit geschlossenen Augen seine FFP3 Maske spazieren trägt, ist meiner Theorie nach nicht eingeschlafen, sondern durch seine eigenen Ausatmungen in ein tiefes Koma gefallen und erspart uns Mitreisenden somit dasselbe Schicksal.

Ein weiterer Vorteil: Das mundschutzbedingte Handyfasten in der Öffentlichkeit. Der Gesichtsvorhang führt ja neben einer temporären Seh- auch zu einer eklatanten Hörschwäche. Beim früher leise in den Hörer (ha, in den Hörer! :-) Gehauchten: „Ich liebe Dich auch, Bärlibär“ hört nun der ganze Waggon applaudierend mit, während am anderen Ende der Leitung die schnarrende Stimme des feigen Erpressers mit völlig neu zusammengesetzten Buchstaben ankommt: “Wir haben Ihre Frau. Wenn Sie sie lebend wiedersehen wollen …“

Sicher, einige setzen sich darüber hinweg. So wie die Dame in eben jener U6, die das Problem auf österreichisch löste: Sie hängte den Mundschutz lässig über EIN Ohr, während sie ganz normal ins Handy sprach (HILFE, ich seh’ den Corona wabern!). Die andere Dame hingegen behielt brav die Maske auf, echauffierte sich allerdings ganze 6 Stationen lang wild gestikulierend in gedämpftem Tonfall in einer mir fremden Sprache (oder filterte der Mundschutz nur ihre Buchstaben neu zusammen, ich weiß es nicht). Tatsache ist, dass ich trotz eingehender Inspektion ihres Kopf-Halsbereiches beim besten Willen KEINE Ohrstöpsel erkennen konnte.

Zu guter Letzt ein ganz persönlicher Vorteil, der mit der Physiognomie meiner Mundpartie zu tun hat: Ich kann mich jetzt zum Beispiel in aller Ruhe konzentrieren, ohne ständig meine Gesichtsmuskulatur zu kontrollieren. Der Punkt ist nämlich der: Trotz lebenslanger Zahnregulierung ist es bisher nicht gelungen, das umgekehrt proportionale Verhältnis zwischen der Größe meiner vorhandenen Zähne und jener des zur Verfügung stehenden Kiefers im wahrsten Sinne des Wortes zu regeln. Anders gesagt: Meine oberen Einser passen nicht in meinen Mund. Wenn ich mich nun also sehr konzentriere, öffne ich ihn. Genauso wie im Schlaf, was meine Familie in der Vergangenheit zu lustigen Fotos auf nächtlichen Zugfahrten animierte. Dank Corona und der verordneten Pappnwindl kann ich jetzt darunter machen was ich will. Und das Textil findet in Zusammenhang mit der (natürlich nur rein theoretisch) auftretenden Spuck- und Speichelschwäche seine Bestimmung. 

P.S.: Sehr schön fand ich im Zusammenhang mit der Gesichtsmaske auch die Frage an die Landespolizeidirektion NÖ, ob man beim Betreten einer Bank seine Sonnenbrille absetzen solle. Die humorvolle Antwort: Es wäre hilfreich, sollten Sie einen Überfall planen. Dann könnten wir Sie schneller identifizieren. 

Die Vorsicht stellt der List sich klug entgegen.

(Johann Wolfgang von Goethe)

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