Die beruhigende Kraft des Pöllaubergs

Liebe Ehemänner und -frauen da draußen! Die Geschichten aus der Reihe “Das (Ehe)Leben ist kein Ponyschlecken” sind eine Liebeserklärung an Euch und Eure skurrilen Marotten. Denn es sind die Brüche in Euren Persönlichkeiten, Eure unvorhersehbaren Handlungen und oft auch unverständlichen Worte, die unserem Alltags(Ehe)grau Farbe verleihen. Wir lieben Euch trotzdem oder vielleicht sogar deshalb. Und umgekehrt - hoffen wir - ist es genauso. 

Die beruhigende Kraft des Pöllaubergs

Prolog:

Berti liebt Heavy Metal. Und Sepp Forcher.

Wer Stress im Job hat, sucht Entspannung auf vielfältige Weise. Findet der/die eine Kontemplation bei der Herstellung von rechtsdrehendem Joghurt, stürzt sich der/die andere von einer Brücke. Im Idealfall an einem Gummiseil. Selten jedoch kommen bei ein und derselben Person einander widersprechende Methoden zur Anwendung. Mein Mann ist das Paradebeispiel für einen Charakter, der sich nicht festlegt und mich und seine Umgebung immer wieder mit ungewöhnlichen Handlungsweisen und Ritualen überrascht. So trägt er Smokinghose beim Rasenmähen genauso selbstverständlich wie Flanell bei 32 Grad und setzt für Entspannungszwecke klirrendes Heavy Metal UND “Klingendes Österreich” ein.
(Zu Ehren des kürzlich verstorbenen Urgesteins österreichischen Brauchtums - Sepp, wir werden Dich vermissen!)

Die beruhigende Kraft des Pöllaubergs

Lesezeit: 2 Minuten

Nach einer anstrengenden Arbeitswoche und dem Zubettbringen unseres Sohnes war der Samstagabend angebrochen. Wir saßen im Wohnzimmer und waren müde. Manchmal ist man ja so erschöpft, dass man zwar noch nicht ins Bett gehen, aber auch keinesfalls lesen, geschweige denn mit dem Partner aktiv plaudern will. In diesen Fällen wird in der Regel der Fernseher aufgedreht. Das ist bei uns eher selten der Fall. Deshalb haben wir uns für ein dezentes Gerät Marke “Eule” entschieden, da man es nur verwenden kann, wenn man auf der Couch sitzend den Kopf um 90 Grad dreht. Oder sich unter dem Vorwand des steifen Nackens vom letzten Mal Fernschauen die Liegeposition erschleicht.

Jeder, der an einem Samstagabend schon mal versucht hat fernzusehen, weiß, das kann dauern. Also dann, wenn man intellektuell abschalten möchte, aber Heidi Klums “Ich habe heute kein Foto für Dich” einen verstört. Und amerikanische Komödien oder Krimis ein gewisses Maß an kognitiver Aktivität erfordern, für die mein Mann nach 12-Stunden-Tagen, fünf bis sechs Tage am Stück, in denen er fortwährend Menschen fortbildet, herausfordert und energetisiert, verständlicherweise keine Kraft mehr hat. 

Wir wurden schließlich fündig, und zwar auf Servus TV. Dort lief der sensationelle Blockbuster „Die Traun“. Mein Mann hielt die Fernbedienung fest, machte es sich auf dem Teppich bequem (die Gattin lag wegen des steifen Nackens auf der Couch, die Katze wegen der familiären Rangordnung auf seinem Fernsehsessel) und lächelte selig. Ich glaubte vorerst noch an einen Scherz. „Ist das Dein Ernst?“, fragte ich belustigt, und ja, es war sein Ernst. Wir erfuhren etwas über den Flusslauf der Traun, die Strömungsgeschwindigkeit und viele andere wissenswerte Details, und mein oberösterreichischer Mann war begeistert. „So schen“, sagte er, „Lotti, is des net schen?“ Ich sagte nichts, ich bin ja keine Oberösterreicherin. Der Film erfüllte unser Wohnzimmer tatsächlich mit einer seligen, ruhigen, angenehmen Stimmung. Nach zwanzig Minuten, als ich bereits KNIETIEF in der Traun watete und mich freute, einen entspannten Abend mit meinem Mann vor dem Fernseher zu verbringen, stand Berti unvermittelt auf, sprach: „So, ich geh jetzt schlafen“, und ließ mich mit einem angebrochenen Samstagabend und einem halben Film Traun allein zurück. „Das kannst Du nicht machen!“, zischte ich, änderte allerdings angesichts seines entschlossenen Gesichtsausdrucks flugs die Taktik und flehte inniglich, mich nicht allein in diesem unbekannten Gewässer zu lassen. Aber: Es war ihm wurscht, er ging. Ich sprang selbstverständlich sofort heraus aus der Traun und hinein in irgendeinen anderen halben Film und der Abend war verloren.  

Wenige Wochen später, same time, same place: Das Zappen ergibt „Klingendes Österreich“. Ich lache, „Na geh bitte“, sage ich, … „Na geh - BITTE!“ Doch da hatte es sich mein Mann schon gemütlich gemacht und Sepp Forchers säuselnde Stimme führte uns hinauf auf den Pöllauberg, „Grias Gott mit’nand“. Beim Runtergehen hatte er einen Zuschauer verloren. Der horchte statt der Pöllauer Hirschbirnmusi bereits am Holzerschen Polster und freute sich auf den nächsten Brauchtumsabend. Um 20.15 Uhr. Am kommenden Samstag.


Ihr habt auch so einen Berti/Lotti/Leo zu Hause? Oder seid es selbst? Erzählt mir Eure Geschichte, gerne schreibe ich sie auf und veröffentliche Eure skurrile Liebeserklärung hier in FROHLOTTE’s Alltagsperlen!

karin.holzer@sternschanze.at

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