So ein Topfen!
Liebe Ehemänner und -frauen da draußen! Die Geschichten aus der Reihe “Das (Ehe)Leben ist kein Ponyschlecken” sind eine Liebeserklärung an Euch und Eure skurrilen Marotten. Denn es sind die Brüche in Euren Persönlichkeiten, Eure unvorhersehbaren Handlungen und oft auch unverständlichen Worte, die unserem Alltags(Ehe)grau Farbe verleihen. Wir lieben Euch trotzdem oder vielleicht sogar deshalb. Und umgekehrt - hoffen wir - ist es genauso.
So ein Topfen!
Prolog:
Berti achtet auf seine Linie. Vergisst dabei aber seinen Ellenbogen.
Es fing alles ganz harmlos an. Mit drei Packungen Topfen, die weder der eigentlichen, noch der übertragenen Bestimmung zugeführt wurden. Und endete in einer kruden, selbst erdachten Heilsphilosophie, der Berti bis zum heutigen Tage anhängt. Dass diese nicht nur nicht für ihn, sondern auch für andere NICHT geeignet ist, musste Lotti im Selbstversuch schmerzhaft erfahren. “So ein Topfen” ist also der Auftakt einer wunderschönen Trilogie zum Thema Selbstbetrug, erklärt die Hintergründe von Bertis Standardwerk “Wenn es weh tut, heilt es” und zeigt die Auswirkungen verschwurbelter Weltsicht in “Trust the Guru”.
Warnung: Für etwaige körperliche Schäden beim Praktizieren der Bertie-Methode übernehmen wir keine Verantwortung!
So ein Topfen!
Lesezeit: 2 Minuten
Es war Oktober, einer von den Oktober-Sonntagen, an denen die Sonne scheint und sich der Wald im Lainzer Tiergarten gagerlgelb vom stahlblauen Himmel abhebt. Wunderschön war das, und wir machten eine kleine Wanderung zum Hirschengstemm. Das ist eine der Gelegenheiten, wo wir mal zum Plaudern kommen, abseits der „Hast du schon…“- und „Vergisst du eh nicht…“-Wochentags-Kreuzverhöre, die schnurstracks von der Anklagebank in die Einzelzelle Bett bzw. Fernsehcouch führen.
Wir plauderten also vor uns hin, als mein Mann plötzlich stehenbleibt, mich ansieht und in aller Ernsthaftigkeit, die er in sich finden kann, zu mir sagt: „Lotti, ich habe eine Erkenntnis gewonnen: Ich muss beim Kieser Training auf die Maschine mit den Armen verzichten!“ Ich bleibe ebenfalls stehen. Ich fasse nicht, was ich da höre. Ich pruste das Wasser, das ich soeben trinken wollte, wieder heraus. „Warte“, sage ich, „Warte, das muss ich aufschreiben, das glaubt mir keiner“, während er mich völlig verständnislos anschaut und wortlos weitergeht. Jetzt werden Sie zu Recht sagen: „Naja, so lustig is’ des wirklich net“, aber warten Sie ab…
Es war im Juni desselben Jahres, als Vater und Sohn eine Sandburg am mallorquinischen Badestrand errichteten, und es war nicht irgendeine Sandburg, es war ein SANDFORT gigantischen Ausmaßes. Jetzt muss ich dazu sagen, dass mein Mann keiner von den Vätern ist, die ein astreines Neuschwanstein mit dem Sandschauferl zaubern, während sich der gelangweilte Sohn schon auf SEINEN großen Auftritt freut, nämlich den, das Ding endlich zerstören zu dürfen. Nein, es handelt sich meist um schmucklose, dafür aber mit viel Zeitaufwand errichtete Sandkübeltürme oder alternativ: Spiral-Erzberge. Die sind in der Regel fast buchtfüllend oder, um in meinen Dimensionen zu sprechen: buchfüllend, denn da lässt sich nebenan schon eine längere Geschichte ungestört lesen.
Nach Vollendung seines Werkes klagte mein Mann über Schmerzen im rechten Ellenbogen, “Lotti schau, DA tut’s SOO weh!”, die in Folge des Urlaubes weiter zunahmen. Zu Hause angekommen bat er mich, Topfen einzukaufen, den fetten: „Nimm gleich drei!“ Ich nehme drei NICHT laktosefreie Topfen, die in meiner Familie tatsächlich nur zum Irgendwohin-Schmieren geeignet sind, weil Vater und Sohn laktoseintolerant.
Wir schmieren also den Tennisarm mit Topfen ein. Und zwar genau EIN Mal. Weil der Gatte außer Haus weilt oder sich allein nicht den Topfen mit der linken Hand auf den rechten Ellenbogen schmieren WILL (können würde er es ja), oder tausend Gründe, vergammeln zwei volle Topfenpackerln und ein offenes im Kühlschrank. Im August entsorge ich sie. Ja, ich weiß, ich hebe alles auf, aber das tut man nun wirklich nicht, guten Topfen einfach wegschmeißen …
Der Arm schmerzt mittlerweile so sehr, dass er, der tausend Hände schüttelt, sich kreative Ausreden einfallen lässt, um NICHT zupacken zu müssen. „Komischerweise“, sagt er im September, „Komischerweise tut mir der Arm im Kieser Training gar nicht weh.“ Ich werde hellhörig. „Bitte wie?“ Er wiederholt das Phänomen des schmerzfreien Trainierens. Welche Übung er da wohl mache, frage ich, und ob er tatsächlich glaube, dass es für einen Tennisarm hilfreich sei, hunderte Kilo Gewicht zu stemmen.
Wenn es ihm bei der Übung nicht weh tue, könne es ja auch nicht schlecht sein, ist seine logische Erklärung. Und im Übrigen könne er gar nicht anders, er müsse ja fit sein, sonst würde er dick. Meinen Einwurf, er könne doch vielleicht in Anbetracht des Tennisarms eine ANDERE Übung wählen, um nicht dick zu werden, lässt er kopfschüttelnd unkommentiert. Stattdessen kauft er Voltaren und schmiert sich damit gefühlte ZWEI Mal ein. Ansonsten glaubt er anscheinend an Spontanheilung, die allerdings jeden Tag aufs Neue NICHT stattfindet.
Ich muss das Salz-Mohnflesserl (oberösterreichisch! Mohnstriezerl mit Salz gibt es außer in seiner Heimat nur bei uns im Ort - der Bäcker ist Oberösterreicher) für ihn schneiden, „Das tut SOO weh!“, und ihm auch sonst in verschiedensten Alltagssituationen hilfreich zur Seite stehen, während die Wochen vergehen und wir nun wieder an besagtem Oktobersonntag angelangt sind.
Der Blick, als sein Groschen ENDLICH fiel, als das Heureka den unerklärlichen Ellenbogenschmerz betreffend, plötzlich sein Gehirn flutete, war für die Ewigkeit. Ungefähr so, wie der von Galilei, als er herausfand, dass die Erde um die Sonne, Sie wissen schon. „Lotti, ich habe eine Erkenntnis gewonnen: Ich muss beim Kieser Training auf die Maschine mit den Armen VERZICHTEN!“ ist in diesem Zusammenhang nun ein Satz, dessen Dimension, dessen Tragweite sich nur im Paralleluniversum meines Mannes voll erahnen lässt.
Ihr habt auch so einen Berti/Lotti/Leo zu Hause? Oder seid es selbst? Erzählt mir Eure Geschichte, gerne schreibe ich sie auf und veröffentliche Eure skurrile Liebeserklärung hier in FROHLOTTE’s Alltagsperlen!
karin.holzer@sternschanze.at